StreetArt, Messias-Hype, Kalter Karfreitag und Oster-Gerüchte-Küche

Von unten nach oben Streck ich meine Hand zu dir,
denn von oben nach unten kommst du in den Schmerz zu mir,

schaue links und auch rechts, sehe was du von mir willst,

Hände denen zu reichen, die du so liebst wie mich…

 

Dieser Kehrvers aus dem Jugendkreuzweg 2017 hat uns nicht nur durch die Stationen St. Barbara, Segenskirche und Auferstehungskirche begleitet, sondern ist als Ohrwurm, Herzenswunsch und Sendungswort hängen geblieben. Auf dem Weg durch die Straßen Evings sind wir selbst zur StreetArt geworden, 50 meist jugendliche Menschen, die Kreuze durch die Straßen tragen um dabei über den Weg und die Art Jesu nachzudenken, der sich in die Hände der Menschen begibt, mitten hinein in ihren Schmerz. Zum Ende haben wir Jesus an das Kreuz gesprayt – eine Zumutung…

Hängen geblieben, ist der Liedvers auch im Gottesdienst an Palmsonntag: Messias-Hype war und ist das Motto angesichts der starken Kerle und Retterfiguren, die sich ermächtigen durch Stimmungen, Gewalt und Repression. Gerade angesichts des von seinen Fans gefeierten Jesus beim Einzug in Jerusalem sind wir uns der Macht des Jubels und des Schreiens der Steine bewusst – und aufgerufen, realistisch und mahnend davon zu sagen, wie Gottes Hilfe Einzug hält: auf einem Esel durch die Menschenmenge, nicht mit Lastkraftwagen, Bomben und Propagandaapparaten.

So waren wir, wiederum ökumenisch, als Gäste „zu Tisch mit Luther“ in der Evangelischen Segenskirche nebenan, um einander die Hände zu reichen und im Mahl am Gründonnerstag miteinander Brot und Kelch aus seiner Hand zu empfangen. Ein gemeinsames Mahl, in dem Jesu Art in seiner Zusage all unserem Erlöser-Hype ein für alle Mal die Absage erteilt.

An einem kalten Karfreitagmorgen haben wir das nachvollzogen. Dass Nachfolge danach fragt, auf welchen Wegen und zu welchen Orten ich mich wagen will, um die Hand auszustrecken oder zu ergreifen. 1000 Orte, wo ich lieber wäre als gerade am Ort einer Hinrichtung, an der Schädelstädte. Und doch ist er eben dort zu finden. Er, den ich, weil ich mich selber nicht verlieren will, so leicht aus Blick und Herz und Sinn verliere. ausgerechnet wir aufgescheuchten Seelen sollten ihn dort suchen und finden. Doch was will ich tun, angesichts des Kreuzes Jesu: Fliehen? Nein: Botschafter der Versöhnung werden.

Der Ostermorgen war dann auch noch kalt, die Heizung in der Auferstehungskirche noch nicht repariert, so dass der Mehrzweckraum sich in die Gute Stube der Schülerinnen und Schüler Jesu verwandelte und wir miteinander nacherlebten, welche Entwicklung dieser Ostertag nehmen würde: als die Türen der Gerüchte-Küche sich öffneten und schlossen vor und hinter der verwirrenden Botschaft vom Sieg des Lebens über den Tod. Am Tag, als in der Türkei ein neuer Messias erkoren werden soll, um als erstes die Todesstrafe zu propagieren, erleben wir, wie Gott alternative Fakten schafft, die unsere Wirklichkeit auf den Kopf stellen – und unseren Schmerz durchdringen.