Ent-Schuldigung

Als Pilatus sah, dass er nichts erreichte, sondern dass der Tumult immer größer wurde, ließ er Wasser bringen, wusch sich vor allen Leuten die Hände und sagte:
Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen. Das ist eure Sache! (Mt 27,24)

Ich – bin unschuldig. Das ist Eure Sache.
Seit Anbeginn lautet so des Menschen Ent-Schuldigung.
Ich – bin unschuldig. Das ist Eure Sache.
Das ist deren Sache. Das ist nicht meine Sache.

Doch ist es die Sache Jesu, denn gewiss ist er es, der den schweren Weg gehen wird.

Es dauerte nicht lange, bis die Jubelrufe sich in Hohn und Spott verwandelte,
dass „Hoch soll er leben“ sich in „hoch soll er hängen!“.

Urteile, Meinungen, Hass, Spott, Hohn, Verachtung:
Tausendfach geteilt, jeder kann sich als Ankläger und Richter zugleich beweisen,
heute nicht weniger als damals,
sondern per Kurznachricht und Kommentar
eilig einfach in die Welt hinausposaunt. 

Was ist mit denen, die darunter zerbrechen?
Denen die Last zu schwer wird?
Wer sich schwach zeigt, bekommt noch zusätzlich Druck:
„Du Opfer“ – heißt es verächtlich.

Wäre es nicht an der Zeit gewesen, Stärke zu demonstrieren, Jesus?

Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und verachtet vom Volk.
Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf. (Ps 22,7f)

Schütteln wir nicht den Kopf über den, der sich unschuldig ausliefert?
Ist er nicht allein darum schon schuldig in unseren Augen?
Ist, wer sich zum Opfer macht, nicht selber schuld? So entschuldigen sich die Täter.

Doch lud Jesus unsere Schuld auf sich, trug unsere Krankheit und unsere Schmerzen
– und auch die ihren.