Ausgeflippert

In früheren Zeiten standen sie in Kneipen,
diese bunten, bimmelnden, blinkenden, rasselnden, scheppernden klackenden, klingelnden Tische
an deren Kanten geklammert
ruckelnd und stoßend
wir versuchten, die mit Geschick ins Spiel gebrachte Kugel
so lange in eben diesem Spiel zu halten wie irgend möglich,
damit sie da und dort aneckt und Anstoß erregt,
hin und her geschleudert zwischen Bumpern, Slingshots, Targets und Ejects
Punkte sammelt,
hin und wieder hoch katapultiert
von den Flipperfingern
bevor sie dann doch ab durch die Mitte
der Schwerkraft folgend im Bauch des Tisches verschwindet: Game Over.

Geschick oder Schicksal, beides war immer eng verbunden beim Flipperautomaten,
die Dinge beherrschen oder ihnen ausgeliefert sein,
öffentliches Spielen und heimlicher Triumph,
HighScore oder wenigstens durchhalten.
Der Flipperautomat gilt daher auch als Metapher für das Leben
Wir sind ja hin und her geworfen,
wie eine Kugel im Flipperautomaten:
Aktuell zwischen Krieg, Krisen und Corona:

So fern uns der Krieg gerückt ist,
mordet Russland weiter, wir lesen, sehen, hören vom letzten Terrorangriff,
gleich nach dem vorletzten und gleich vor dem hinterletzten
und es fällt uns schwer, dagegen zu halten.

Mitten in der Sommerhitze reden wir über das Frieren im Winter
zuhause, in Büros, in Schulden und Universitäten.
Ob Kirchen noch heizen dürfen im Winter?

Vor einem Jahr hat uns die Flutkatastrophe überrascht und viele Menschenleben gefordert,
in diesem Jahr brennt es einmal mehr an allen Ecken und Enden.

Trotz Sommer, aber ohne Beschränkungen auf Konzerten, in Geschäften,
sind auf einmal viele erkrankt,
Hieß es früher noch hämisch: Kennst Du einen, der Corona hat?
So muss es heute wohl heißen: Kennst Du einen, der kein Corona hat?
Die coronäischen Zeiten sind noch lange nicht vorbei.

Selten einmal kam es mir so sehr vor, getrieben zu sein – wo uns doch schon die vergangenen coronäischen Jahre die Bedingungen unseres Lebens diktiert haben.
Kaum etwas geht ruhig seinen Gang,
kommt zu sich oder in die Weite.
Wo sind Befreiung und Gerechtigkeit?
Es wurde Abend und Morgen – ein neuer Tag:
Ja ist das nun eine Chance
oder eine Drohung?

Wer ist es, der uns im Spiel hält und wieder hoch wirft,
wo wir gerade nicht fliegen können aus eigener Kraft,
sondern der Schwerkraft folgen und den Abstoßeffekten dort, wo wir anecken.
Selbst die kleinen Ruhekuhlen spucken uns wieder aus
– und weiter geht die wilde Fahrt.

Gott ist es nicht, der uns ins Leben schießt,
um mit jedem neuen Menschen einen neuen Highscore zu erzielen,
er spielt nicht mit uns,
sondern ist mit uns auf unseren Wegen,
begegnet uns da und dort, damit wir eine neue Richtung einschlagen,
fängt uns auf, wenn wir fallen,
hält uns, wenn wir losgelassen sind
und behält den Überblick. 

Es tut gut, sich auf Gott verlassen zu können,
Ihn an unserer Seite zu wissen.
Denn wir brauchen ja Ruhe für unsere Seelen
und für unsere Körper auch.