„Wenn du hier gewesen wärst, wäre mein Bruder nicht gestorben!“
sagt Marta zu Jesus, als dieser zu Besuch kommt.
Ihr Bruder Lazarus, Jesu Freund, ist vor wenigen Tagen gestorben.
„Wenn du hier gewesen wärst…“
Ein Vorwurf, ein Bedauern, ein Hätte-Wäre-Würde-Satz?
Eine Verlegenheit, eine Schmeichelei, ein Glauben-Hoffen-Lieben-Satz?
Eine Ahnung oder eine Gewissheit, eine Meinung oder ein Bekenntnis?
Nun spricht Marta bei dieser Begegnung ein Bekenntnis, wie wir es sonst von Petrus kennen: „Du bist der Christus“, sagt sie, „du bist im Namen des Herrn unterwegs!“
Auch sonst ist sie ja, wie Petrus, eher der pragmatisch-anpackende Typ.
Statt den Simon Petrus zu nennen,
hätte Jesus also ebenso gut Marta Petra nennen können.
Wer weiß, wie’s dann gelaufen wäre, mit der Kirchengeschichte… .
Nun spricht dieser Satz aber auch aus, was uns in coronäischen Zeiten prägt:
Wir verpassen einander, kommen zu spät, sind nicht da!
Und Menschen sterben: Achtzigtausend in Deutschland, seit Beginn der Pandemie.
Kerzen anzünden zum Gedenken, Namen nennen und Lebensgeschichten erzählen:
Das ist das eine, zumindest die Macht der Zahlen zu brechen.
Das andere ist dieser Satz. Denn er sagt nicht nur das Eine, sondern anderes gleich mit,
und ist so alles in allem: Vorwurf, Bedauern, Hätte-Wäre-Würde, Verlegenheit, Friedensversuch, Glauben-Hoffen-Lieben, Ahnung, Gewissheit, Meinung und Bekenntnis.
Sei da, Mensch! Selbst, wenn es nicht zu verhindern ist.
Und lass diejenigen da sein, die gestorben sind, ebenso wie die, die krank und isoliert sind: Hol sie aus ihren Löchern ans Licht, in eine solidarische Gemeinschaft der Zuneigung und der Würde. Und mach deutlich, was es heißt, wenn du bekennst und glaubst:
Jesus Christus ist da.