Türsteher, so heißt es in der Online-Enzyklopädie Wikipedia, führen eine „augenscheinliche Zugangskontrolle“ zum Beispiel in „Diskotheken, Nachtclubs, Tanzcafés, Restaurants und Bordellen“ durch.
Ja, und aktuell auch an Supermärkten, wie zum Beispiel einem REWE-Markt in Köln-Rodenkirchen. Dort sorgen sie dafür, dass Pflegepersonal aus dem benachbarten Altenpflegeheim dort nicht einkaufen kann, indem sie den Zutritt verweigern. Ähnliches passierte auch in Süddeutschland, wo eine Intensiv-Pflegerin aus einem Supermarkt hinausgeworfen wurde, nachdem eine Kundin sie erkannt hatte.
Nun gehört es zu den Aufgaben der Türsteher auch, so heißt es bei Wikipedia, dafür zu „sorgen, dass vor allem Leute das Lokal betreten, die dessen Attraktivität erhöhen.
Dazu gehören neben zahlungskräftigen Kunden in erster Linie Frauen ohne männliche Begleitung.“ Das gilt dann ja wohl auch für die besagten Supermärkte – jedenfalls, solange es keine Pflegerinnen sind.
Das ist nicht einfach nur empörend, es ist zutiefst respektlos, würdelos und unethisch.
Tatsächlich?
Oder geht es hier doch um die Abwägung des Wohls einzelner gegen den Nutzen vieler, also einen billigen Utilitarismus aus dem REWE NEIN-Programm?
So einfach ist es vielleicht nicht: Denn, die Pflegerin und der Pfleger sollen ja weiter pflegen, auch den Supermarktleiter, wenn er denn an Corona erkrankt, oder einfach nur eine neue Hüfte bekommt. Sie dürfen sich dann auch Helden nennen lassen – sie sollen nur eben nicht in seinem Supermarkt einkaufen. Und wenn es alle so halten wie er, auch in keinem anderen.
Sollen sich doch beliefern lassen, die Pflegenden, oder sollen die Nachbarn aushelfen. Aber da ist es ja unter Umständen nicht anders, wie das ZDF aus Frankreich berichtet, wo Nachbarn ihre Nachbarn, eben weil diese Pflegende sind, auffordern, auszuziehen.
Das erinnert an „nur für Weiße“ oder „nur für Arier“.
Das Argument, dass es dort um Ideologie und hier um Gesundheit gehe, zieht dabei nicht.
Denn die Frage ist nicht, ob die Pflegerin als Kundin oder der Pfleger als Kunde ansteckend sind, sind doch gerade Pflegende besonders geschützt oder getestet
– und in besonderer Verantwortung.
Stattdessen geht es um diffuse Ängste und Vorstellungen von Ansteckung,
um das eigenmächtige Wissen um gut und böse.
In der Bibel gibt es ebenfalls Türhüter.
Gleich im Ende vom Anfang,
mit dem zerrissenen Wissen um richtig und falsch und dem neuen Sein wie Gott,
nachdem sich die Menschen vom dankbaren Kunden der Güte Gottes lieber zum Supermarktleiter befördert haben, steht er vor der Tür des Einkaufsparadieses und sagt:
Ihr kommt hier nicht rein, kontaminiert vom Tod, von euerer Selbstgerechtigkeit,
vom Haben-Wollen.
Auch in den Reden Jesu taucht ein Türhüter auf. Der hat jedoch nicht dafür zu sorgen,
dass niemand hineinkommt – eher im Gegenteil. Er soll darauf achten, was es bedeutet,
wenn der Herr des Hauses eintrifft und wann das sein wird.
Eine Mahnung ganz anderer Art: Macht Euch klar, was und wer bei Euch gelten soll!
Nun feiern wir Karfreitag und Ostern, und erstmals wird mir klar, was es heißt:
hinabgestiegen in das Reich des Todes.
Das Verhalten des Supermarkts, der Kundin als Denunziantin und letztlich auch des Türhüters, der „nur“ seinen Job macht – Security, nennt sich das; Security für wen? – bedürfen einer Erlösung und eines Einbruchs ethischer Vernunft gleichermaßen.
Jemandes, der in dieses coronäsische Reich des Todes hinabsteigt.
So ist dieses Verhalten weder christlich noch vernünftig,
sondern eben genau das, was Sünde zu nennen ist und in alter Tradition auch so genannt wird.
Weil es ungerecht ist und Gemeinschaft zerstört.
Oder, um es mit Phil Collins zu sagen:
Oh, think twice
‚Cause there’s another day for you and me in paradise.
Darum sind Kirchen gerade geöffnet, auch die Auferstehungskirche:
für das Gebet,
für Pflegende, aber auch für Supermarktleiter und ihre Türhüter.