Coronäischer Karfreitag

„Siehe, um Trost war mir sehr bange!“
Die alte Formulierung dieses Gebetes des Königs Hiskija durch Martin Luther trägt den Ton einer großen Not und Bedrängnis, ohne Trost und ohne Hoffnung.
Die Sehnsucht nach Frieden und der Kraft, auch an den Grenzen des Lebens durchhalten zu können, die Sehnsucht und das Bedürfnis getragen und gehalten zu sein.
„Ich habe die Bitterkeit des Lebens und des Todes am eigenen Leib erfahren“,
so könnte man mit Hiskija und vielen Menschen sagen, die da hindurch gegangen sind.

„Ich habe die Bitterkeit des Lebens und des Todes am eigenen Leib erfahren“,
das kann auch Jesus sagen. Verraten, im Stich gelassen, verhaftet, gezerrt, misshandelt,
ausgeliefert, geschlagen, verspottet, dazu gezwungen, dass Folterwerkzeug zu ertragen,
gekreuzigt, verwundet, gestorben.

Am Karfreitag erinnern wir uns nicht nur daran, was irgendwann einmal geschehen ist,
das wäre viel zu wenig. An Karfreitag verbinden sich Gegenwart und Gegenwart,
die Wirklichkeit Jesu durchdringt unsere Wirklichkeit – und verwandelt sie.
Geschichte, Gegenwart und Zukunft, fern und nah, der Eine und die Vielen, du und ich und wir: Das Kreuz Christi verbindet – und bringt zugleich die Widersprüchlichkeit dieser Welt und dieser Zeit, die Widersprüchlichkeit des Lebens und der Menschen auf den Punkt – an das Kreuz.
Zerrissen wie wir sind, haben wir die Bitterkeit des Lebens und des Todes auch schon am eigenen Leib erfahren, war und ist uns um Trost sehr bange.

In diesem Jahr feiern wir Karfreitag wirklich in der Stille, am eingesperrten, ausgesperrten Ort.

Doch wer sich einlässt auf den, der sich auf uns eingelassen hat,
wer sein Leben dem anvertraut, der sich in unsere Hände begeben hat,
der findet nach Hause, findet den Trost, findet die Kraft, findet die Hoffnung, findet die Liebe
– und findet das Leben. Auch in coronäischen Zeiten.