„Das wird man ja wohl mal sagen dürfen“

ist das Thema unseres Frühstücksgottesdienstes HEAVEN & BREAKFAST am Sonntag, dem 07. Februar. Im Rahmen unserer Gottesdienste zum Stichwort „Gerechtigkeit“ geht es um die Macht der Worte, geht es um Wort-Erklärungen, in denen mit Begriffen und einzelnen Statements nicht nur die Welt erklärt werden soll, sondern diese Welt-Erklärungen zugleich ihre Wahrheit behaupten und beanspruchen. Dass und wie UnWorte zu erschreckenden Wort-Ungeheuern werden, kann uns, die wir bekennen, dass das Wort Gottes Mensch geworden ist, nicht unberührt lassen. Die Evangelien-Anfänge, die uns seit Weihnachten für die Gute Nachricht öffnen und einladen wollen, den Neuen Weg zu gehen, haben also auch jetzt noch und gerade im Übergang zur Passionszeit ihre Bedeutung für das vor uns liegende Jahr und die aktuelle Situation in unserem Land und unserer Nachbarschaft:

Am vergangenen Wochenende haben die AfD Politikerinnen Frauke Petry und Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, „nur“ darauf hingewiesen, dass den Grenzschützern per Gesetz der Schusswaffengebrauch erlaubt sei und eine Grenzverletzung durch Flüchtlinge ausdrücklich als Beispiel genannt. Einschließlich des Schusswaffengebrauchs gegen Frauen und Kinder, so Frau von Storch.
Nun, das mit den Kindern wurde von ihr mittlerweile zurückgenommen, da das Gesetz den Schusswaffengebrauch gegen Kinder verbietet. Frauen hingegen seien „verständig“, wer ein „Halt“ nicht akzeptiere, sei ein Angreifer und gegen Angreifer müsse man sich verteidigen. Die gewaltsame Verteidigung der deutsch-österreichischen Grenze wäre damit, wenn auch nicht gegen Kinder, so doch gegen deren Mütter, in Ordnung. Es ist erstaunlich, auf welchem Niveau und mit welchen Themen aktuell Debatten geführt werden. Niemand wolle den Schusswaffengebrauch, so heißt es auf Seiten von Frau Petry, es sei doch nur auf die Rechtslage hingewiesen worden. Es ist die Konjunktur der kleinen Wörtchen „nur“, „wohl“, „mal“, die ihre Macht entfalten. Doch woher kommt diese Macht, und wer profitiert davon?

Ist das, was jeder Grenzschützer in der Ausbildung lernt, tatsächlich nur ein Hinweis auf eine Gesetzeslage, wenn auch unter Vernachlässigung weiterer Gesetze und geltender Rechtsprechung? Die vorgebliche Unschuld von „nur, „wohl“, „mal“ samt „natürlich nicht“ ist mittlerweile zur verfolgten Unschuld geworden. Diese beruft sich auf höhere Werte, die es zu verteidigen gelte und zu deren Garanten die kleinen Wörter werden: Freiheit gegen Unterdrückung, Meinungsfreiheit gegen Zensur.

Das Medium sei die Botschaft, die Inhalte träten demgegenüber in den Hintergrund hatte der Medientheoretiker McLuhan schon in den 1960ern behauptet. Hier sind es die kleinen Wörtchen, die scheinbar das Schwergewicht einer Botschaft tragen und absichern, die gleichsam „nur“ mitgeliefert wird, weil „man“ „natürlich nicht“ was auch immer sei oder wolle, aber „ja“ „wohl“ „mal“ sagen dürfe…“, oder etwa nicht?

Frau von Storch tritt explizit als Protagonistin christlicher Werte auf. Sind es mithin diese „Werte“, die notfalls gegen Invasoren unseres Landes verteidigt werden müssten?
Wir als Gemeinde sehen uns da auf einem anderen, einem neuen Weg: einem Weg, der die Liebe Gottes bekannt macht, der tatkräftig für ein respektvolles und würdevolles Miteinander eintritt, der einlädt dazu, sich der Treue Gottes anzuvertrauen und dabei auf jede Selbstgerechtigkeit zu verzichten. Die Gerechtigkeit, die Jesus in Wort und Tat gelebt hat, ist uns wichtiger als jede Einteilung in „gut“ oder „böse“. Wenn wir der Verachtung entgegentreten, die in einem UnWort wie „Gutmensch“ zum Ausdruck kommt, so nicht, weil wir selber gute Menschen wären, sondern weil wir Gerechtigkeit und Freiheit dort suchen, wo Menschen Leben und Zukunft ermöglicht wird.

Hier die ganze Predigt