Maskierte Missionare

Ey, Kirche, missionier mich nicht… .
… hieß es noch vor gar nicht all zu langer Zeit.

Nun stehen hunderte Gläubige mit durchaus missionarischem Eifer auf den Plätzen des Landes und verkünden, woran sie glauben – und das ist, auch wenn sie damit um sich werfen wie andere mit der Bibel – gerade nicht das Grundgesetz.

Ich bin irritiert, über den zur Schau getragene Antisemitismus, der wiederholt,
was seit Pestzeiten die kollektive Suche nach dem Sündenbock geprägt hat.
Ich bin irritiert über die Behauptung, Bill Gates sei schlimmer als Adolf Hitler, 
was bei aller Idiotie immer noch die tragikkomische Komponente aufweist,
dass sicher nicht wenige derer, die dies behaupten, mit Windows-Rechnern und Office-Programmen selbst zum Reichtum von Gates beigetragen haben.
Wäre es nicht so gefährlich, würde man sich nur wundern,
aber auf diese Art Wunder können wir wohl gut und gerne verzichten.

Mission, Inquisition und Zurschau-Stellung von Dogmen hat in einem Maße Konjunktur,
dass wir Frommen geradezu verblüfft sein müssen:
Haben wir das nicht längst hinter uns gelassen, wir Menschen des neuen Weges?

Jesus hat das gut und sinnvoll analysiert:
Die, die da stehen um Beifall für Ihre Religiosität und ihre Überzeugungen zu erhalten, 
die haben mit ihrer Öffentlichkeit schon ihren Lohn „dahin“:
Was sie suchen – Öffentlichkeit, Aufmerksamkeit, Beachtung – 
eben das bekommen sie auch.

Desselbigengleichen gilt auch für die pseudoprominenten Leute mit ihren Auftritten,
sei es im Internet oder von der LKW-Bühne:
Sie wollen Beachtung – sie bekommen Beachtung: Mission erfüllt.

Inhalte, Argumente, ja selbst vernünftige Kritik bleiben dabei jedoch ebenso auf der Strecke wie die notwendige Frage und Debatte darüber, ob berechtigt Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden, wieweit dies legitim war und ist,
und welche demokratischen Prinzipien demokratisch geschützt werden müssen.