Was wir säen – was wir ernten

Es geht an Erntedank nicht nur um die Früchte, die wir ernten,
nicht nur um das, was wir stolz auf den Teller legen, zu Mus verarbeiten oder einkochen. Mal abgesehen davon, dass die Dankbarkeit für das was gewachsen ist, gegen die Profitgier großer Konzerne wie der RWE nicht ankommt, wie wir am Hambacher Forst sehen.
Es geht auch darum, was wir säen, wo wir säen, wie wir säen.

Der Rhythmus für Saat und Ernte ist denen, die keinen Garten haben oder kennen, ein wenig verloren gegangen. Es ist ja fast alles zu jeder Zeit zu haben. Immerhin schaffen wir es noch, das Jahr in Spargelzeit, Erdbeerzeit, Kirschenzeit, Pflaumenzeit und Lebkuchenzeit einzuteilen, die allenfalls noch ein wenig von der Grünkohlzeit überragt wird
– gut, dass dann die Fastenzeit folgt…

Alles hat seine Zeit, heißt es in der Bibel (Prediger 3): Säen und Ernten, zum Beispiel. Wir haben uns diese Weisheit ja längst vertraut gemacht – oder müssen das immer wieder tun – damit wir nicht unter die Räder kommen, im Leben.

Dennoch gibt es Abläufe, die unterschreiten sogar unsere Wahrnehmungsschwelle. Längst regulieren Algorithmen die Börsen – weil Menschen für den Hochfrequenzhandel zu langsam sind, bei dem sich aus Käufen und Verkäufen in Sekundenbruchteilen Geld verdienen lässt. Es hat eine Beschleunigung unseres Lebens gegeben, für die man selber schon wieder ein paar Jahre in den Knochen haben muss, um sie überhaupt wahrnehmen zu können.

Denn würde der amerikanische Präsident seine Meinung per Postkarte notieren und twittern müssen — und würde sich nicht vielleicht irgendeiner der für deren Transport notwendigen Mitarbeiter erbarmen und sie gleich entsorgen, dann wäre das Kärtchen schon etwas länger unterwegs, um überhaupt nur einen einzigen Adressaten zu erreichen, geschweige denn Millionen. Seltsamerweise reicht jedoch irgendeine der unzähligen Twitternachrichten, um gleich die Börsenwerte von Unternehmen in den Keller zu schicken… .

Allerdings hat der amerikanische Präsident für seinen Vortrag vor der UN-Vollversammlung vor Kurzem Gelächter geerntet: eine Reaktion, die er nicht „erwartet“ hat.
Nur: was hat er erwartet? Welchen Samen meint er, in die Ohren und politischen Absichten der Welt gelegt zu haben? Ehrfurcht, Respekt, Anerkennung?

Informationen werden erzeugt, verbreitet, verarbeitet. Sie informieren uns und andere – und das ist wörtlich zu nehmen, denn sobald die Information in der Welt ist, soll sie uns in Form bringen. Dann wird in Kommentaren jede Art von Senf hinzugefügt.
Gib dem kleinen Senfkorn bloß keinen Raum — wie noch die Forderung in einem alten Jugendliederschlager hieß, denn was da wächst ist keinesfalls ein großer Baum, sondern allenfalls Senfkraut, dass in den Foren und Kommentaren der sozialen Netze längst zum Unkraut geworden ist.

Die Saat nicht nur dieses Frühjahrs und dieses Sommers, die in Aus- und Abgrenzung besteht, die Saat von Hass und Hetze, von angeblicher kultureller oder religiöser Überlegenheit, geht auf – ganz gleich, von wem sie gesät wurde – und bringt Unheil über die Menschen. Was da wächst ist ungenießbar, ja geradezu giftig. Und schon wird wieder marschiert und geschrien, werden Pyrotechnik und Parolen zur kalkulierten Brandstiftung.

Es geht an Erntedank daher nicht nur um die Früchte, die wir ernten,
nicht nur um das, was wir stolz auf den Teller legen, zu Mus verarbeiten oder einkochen. Es geht auch darum, was wir säen, wo wir säen, wie wir säen.

Als Menschen des Neuen Weges sind wir als Follower Jesu Christi ja eigentlich von Gott beauftragte Spezialisten genau dafür: Eine Saat auszustreuen, in die Erde und in die Menschen zu legen, die Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit wachsen lässt – um Gottes Willen und um der Menschen willen.