Über Kreuz mit der bayrischen Zwangsenteignung des Kreuzes Christi
„Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes im Freistaat ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland anzubringen.“ so heißt es im Beschluss des bayrischen Ministerrates vom 24. April 2018.
Der bayrische Ministerpräsident Söder nagelte darum höchstpersönlich ein Kreuz an die Wand der Staatskanzlei und opferte damit, wie einst Pilatus, erneut die Botschaft, das Handeln und Erleiden Jesu von Nazareth der Staatsräson. Da dies nun so gar kein Bekenntnis zu den Grundwerten und zur Rechtsordnung Deutschlands darstellt, musste das Kreuz Christi zudem flux zum Symbol bayrisch-nationaler Identität degradiert und umgedeutet werden. Als wäre der Jude Jesus nicht gerade im Konflikt mit religiösen und staatlichen Mächten sowie populistischen Ideen an eben diesem Folterinstrument staatlicher Verfügungsmacht hingerichtet worden. Hingerichtet, weil seine Botschaft der Nächstenliebe, der Gerechtigkeit und des Friedens der damaligen Gesellschaft ebensowenig genehm war, wie sie es der bayrischen Politik der vergangenen Jahre sein kann.
Die Enteignung des Kreuzes als Symbol der Versöhnung und der Erlösung aus den Widersprüchen unserer menschlichen Existenzweisen und unserer Selbstgerechtigkeit sowie dessen Auflösung in eine bayrische Bierseligkeit ist daher nicht nur für uns als Freikirche, die überzeugt für die Trennung von Staat und Kirche sowie Religionsfreiheit und Toleranz eintritt, schwer erträglich und eine Verunglimpfung des Glaubens, der in eben diesem Geschehen am Kreuz seinen Grund und seine Herausforderung hat.
Dass von manchen Politiker_innen sowie Christinnen und Christen nun als Keule geschwungene Kreuz gegen ein so genanntes Erstarken des Islam oder die Selbstverschämtheit christlicher Identitäten erinnert dabei eher an dunkle Zeiten der Überzeugungsarbeit im Zeichen des Kreuzes. Und wenn CSU-Generalsekretär Blume nun die Kritiker der bayrischen Kreuzverordnung zu Religionsfeinden erklärt, ist eben diese Grenze überschritten: Die bayrische Staatsregierung erklärt, was Religion ist und was nicht, wer die wahren Christen sind und wer die Ungläubigen und Feinde.
Dabei brauchen wir Menschen des Neuen Weges, die sich und die gute Nachricht von Jesus Christus nicht verstecken – auch nicht hinter einer Symbolpolitik.
Denn Kreuze als staatlich verordnetes identitätsstiftendes Kulturgut aufzuhängen nicht ein von der Botschaft vom Kreuz geprägtes Reden und Handeln auch in der Politik, zumal, wenn in Deutschland, wie bei der diesjährigen Echo-Verleihung, Auszeichnungen für Antisemitismus möglich sind.
Dass das Kreuz Jesu, und gerade das Kreuz, die Versöhnungs- und Erlösungsbedürftigkeit menschlicher Selbstgerechtigkeit und politischer Machthaberei bezeichnet, anmahnt und beantwortet, wird im verordneten Selbstvergewisserungsgestus bayrischer Politik begraben, der damit gerade kein Bekenntnis zum Kreuz Christi ist – im Gegenteil.
Danke Uwe Wippich für die klaren Worte.