so müsste eine von mir (wohl kaum) vermisste Schlagzeile dieser Tage eigentlich lauten, war doch in der lokalen „Lügenpresse“ zu lesen, dass ein Großteil der Weihnachtsmarktbesucher in Dortmund aus England, Holland und Belgien komme. Belgien? Wo die nach AfD-Logik von der Bundeskanzlerin angelockten Terroristen wohnen, die dann in Paris – und wer weiß wo noch – Anschläge verüben?
Der von der AfD reklamierte „Mut zur Wahrheit“ entlarvt sich in einer Folge austauschbarer Vokabeln als Pauschalrhetorik, deren Wahrheit eben darum immer „wahr“ bleibt und die eben darum wahrlich Mut braucht, sie auszusprechen. Eine adäquate Stellungnahme der AfD zur gegenwärtigen Touristenflut (3,6 Millionen Besucher allein des Dortmunder Weihnachtsmarktes – und das in nur 5 Wochen!) müsste daher eigentlich so lauten:
„Derzeit befinden sich hunderttausende Menschen in unserem Land, die nicht einmal registriert sind. Man weiß: Offenstehende Fenster und Türen sind eine Einladung für Einbrecher! Mit offenstehenden Grenzen verhält sich das ähnlich.
Die Regierung ist gefordert und muss endlich ihrem originären Auftrag, die Bürger des Landes zu schützen, gerecht werden! Mit Toleranz und Nächstenliebe verhindert man keine Straftaten!“ (http://frauke-petry.net/presse/)
„Es ist davon auszugehen, dass die Terrororganisation IS die durch die falsche Anreizpolitik westdeutscher Weihnachtsmärkte angeschwollene Touristenflut nutzt, um aus den Benelux-Ländern gezielt Terroristen und Selbstmordattentäter nach Deutschland einzuschleusen.“
Es sei höchste Zeit, die Folgen dieses „verantwortungslosen“ Handelns zu begrenzen. Die Bundesregierung solle endlich wieder ihre Kernaufgabe, also den Schutz der Bevölkerung gegen innere und äußere Bedrohungen wieder wahrnehmen. „Das Schengen-Abkommen muss bis auf weiteres außer Kraft gesetzt, die deutschen Außengrenzen müssen gesichert werden“, fordert der AfD-Vorstand.
Geht es nach der AfD, dann sollen Weihnachtsmarktbesucher aus den Benelux-Ländern zusätzlich zur Registrierung auch polizeilich und nachrichtendienstlich erfasst werden. Nur so könne „ein etwaiges Terrorpotenzial bei einzelnen Personen“ ausgeschlossen werden. „Verdachtspersonen müssen im Bedarfsfall von den Sicherheitsbehörden bis zur Klärung festgesetzt werden“, schreibt die AfD-Spitze.
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Pauschalurteile und ein weit gesteckter Forderungskatalog sind seid jeher bequeme Profilierungsmittel. Doch ob aus „begeisterten Besuchern“ eine Touristenflut, aus gemütlicher Atmosphäre ein Andrang, aus einem eindrucksvollem Markenzeichen für die Stadt eine verhängnisvolles Chaos wird, entscheiden weniger irgendwelche wirklich wahren Wahrheiten als ein paar Buchstaben. Und problemlos kann argumentiert werden: Selbst wenn die Besucher wieder nach Hause fahren, die überwiegende Zahl friedlich bleibt: wer soll eine Gefährdung ausschließen, es kann ja immer was „passieren“.
Schon 2010 gab es eine Warnung von US-Geheimdiensten wegen einer möglichen Terrorgefahr auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt, und manche, wie auf dem Gendarmenmarkt in Berlin, setzen ja auch auf Eingangskontrollen. Man sollte also tun, was getan werden kann: Grenzen dicht und Registrierungspflicht für Weihnachtsmarktbesucher, zumindest aus Belgien…
Keine Frage, das abendländische Kulturgut Weihnachtsmarkt, dass sich aus der christlichen Tradition zwar noch nicht vollständig aber weitgehend verabschiedet hat, erfordert eben drum passende und anpassbare Sicherheitskonzepte für die uns sehr willkommenen Besucher!
Aber wenn und weil hier unterschieden werden muss, zwischen Flüchtling und Besucher (die wahrscheinlich am liebsten beide wieder nach Hause wollen, aber nur dem einen ist das auch möglich), muss ebenfalls unterschieden werden, zwischen Menschen in Not, und denen, die ein Selfie mit dem „weltgrößten Weihnachtsbaum“ posten. Den letzteren verkaufen wir Bratwurst und Co., den ersteren helfen wir, so gut und so weit es uns möglich ist. Und was ist mit denen, die gewaltbereit sind, aus welchen Gründen auch immer?
Denen halten wir außer sinnvollen Sicherheitskonzepten vor allem sowohl das eine wie auch das andere entgegen: die menschenfreundliche Hilfe und das Feiern, mitsamt allen damit verbundenen Grenzen und Fragwürdigkeiten!