Currywurst für alle – statt Dinner for One

90 Jahre Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Dortmund Eving.
Da könnte man sich ja diesen berühmten 90. Geburtstag zum Vorbild nehmen, der Jahr für Jahr zu Silvester im Fernsehen gezeigt wird und somit längst „Kult“ geworden ist, also feierliche Verehrung genießt. Der Butler James begrüßt dort Miss Sophie, die ihren 90. Geburtstag als Dinner mit ihren längst verstorbenen Freunden zu feiern gedenkt – deren Rollen James nun allein übernehmen muss. Während diese also unsichtbar bereits am Tisch Platz genommen haben, bietet James nun Miss Sophie den Ehrenplatz an.

Wir feiern, dass Gott uns einen Platz angeboten hat, in Dortmund, in Eving,
an dem wiederum wir Gottesdienst feiern können,
Sonntags und in den Begegnungen und der Zusammenarbeit mit den Menschen in unserer Nachbarschaft.

Wir feiern unseren 90. Gemeinde-Geburtstag daher quasi als Gegenprogramm zu diesem berühmten, lustigen aber auch sehr geistigen Getränken zugeneigten Sketch:
zum Beispiel mit Currywurst für alle, statt Dinner for One.
Guten Morgen, liebe(r)… statt „Good Evening, Miss Sophie“.
Es ist der 90. Geburtstag von Miss Sophie. Sophia ist das griechische Wort für Weisheit.
Für uns als Gemeinde könnte das bedeuten: Das hörende Herz und eine kluge Lebensbewältigung. Die Weisheit Gottes wird in der Bibel als Geschöpf, ja Tochter Gottes vorgestellt, die die Freude Gottes an den Menschen und an der Schöpfung vermittelt und daher zu einem gelingenden Leben in dieser Welt einlädt. Sie verkörpert die Liebe zum Leben und zum Lebendigen und kann darum schließlich in Jesus auch im Kreuz als verborgene Weisheit Gottes Wirklichkeit werden: Weil Gottes Gerechtigkeit, seine Liebe zu seiner Schöpfung und seine Lust am Leben hier zusammenkommen und unsere selbstbestrickten Ordnungen überwindet.

Sind alle da? – nicht mehr nur Fremdlinge und Gäste
Zwar werden die 4 alten Freunde als Gäste vorgestellt, doch der letzte der Freunde ist 25 Jahre zuvor verstorben, und so bleibt es ein Dinner for One.
Bei uns gibt es kein Abendessen für eine Person, denn wir sind keine Gemeinde für nur eine Person.
Wenn wir an die denken, die Teil der Gemeinde gewesen sind und sie geprägt haben, dann tun wir nicht einfach so, als wären sie immer noch hier. Aber ihre Gaben und ihr Glauben ebenso wie ihre Fehler und ihr Fehlen machen uns aus, so dass wir dankbar und traurig zu gleich sein können -in jeder Hinsicht.
Darum sind wir aber auch nicht nur für uns Gemeinde,sondern im Blick auf die, die in Zukunft mit uns am Tisch Platz nehmen sollen, um hier hörende Herzen, kluge Lebensbewältigung, Gerechtigkeit und einen Neuen Weg zu finden.

Regionale Bio-Produkte zum Frühstück statt Sherry zur Suppe?Die Tischgemeinschaft ist wichtig, weil wir auf diese Weise Anteil geben und nehmen an dem, was uns stärkt und erfreut. Niemand bereitet etwas vor oder bringt etwas mit, was ihm nicht schmeckt. Wir erfahren im Miteinander des gedeckten Tisches, das ein Psalm wie der vom guten Hirten nicht nur mir gilt, sondern im Anteil geben und nehmen Wirklichkeit wird.
Während daher im Sketch nun der Diener James stellvertretend für die abwesend-anwesenden Freunde jeweils einen „Toast auszubringt“, natürlich nicht als geröstetes Weißbrot, dann teilen wir Brot und Kelch, um darin Gottes Treue dankbar für unser leibliches Leben Wirklichkeit sein zu lassen. Aber vielleicht ist es trotzdem möglich, einen Toast auszubringen: Liebe Gemeinde Eving, Du bist…

Erlegte Tiger und anderer Stolperfallen
Der erlegte Tiger – unübersehbares Zeichen kolonialer Machtdemonstration und menschlicher Überheblichkeit gegenüber der Schöpfung rächt sich, in dem James immer wieder über den Kopf stolpert. Manches, was demonstrativ als Erfolg gefeiert wird kann ebenso wie manches, was so ganz nebenbei „erledigt“ wurde, zur Stolperfalle werden.
Manchmal sind es die immer gleichen Dinge, Worte, Gewohnheiten, über die wir ins Stolpern kommen, die uns aus dem Tritt bringen. Jeder und jede von uns kennt diese „kleinen Schwächen“. Darum brauchen wir ja die Liebe als Maßstab, damit nicht unsere eigenen Maßstäbe zur Liebhaberei werden.
Was sind unsere erlegten Tiger, was sind unsere Stolperfallen und Hindernisse?
Was haben wir uns vielleicht sogar selbst in den Weg gelegt?

„Es war eine wunderbare Party, ich denke, ich ziehe mich zurück“
könnte man mit Miss Sophie sagen. Wir sagen: Es war eine wunderbare Party und harte Arbeit: Aber wir ziehen uns nicht zurück. Schon weil Gott uns diesen Platz zugewiesen hat, an dem wir Anteil geben und Anteil nehmen, unseren immer gleichen Stolperfallen zum Trotz. Denn eines ist gewiss: Gottes Segen ist nicht „dieselbe Prozedur wie im letzten Gottesdienst!“, sondern ein immer neuer Segen, aus dem wir als Gemeinde Kraft schöpfen, um mit hörenden Herzen, Gerechtigkeit und kluger Lebensbewältigung Gottes Lust am Lebendigen je neu zu feiern
– und sei es mit Currywurst für alle, so wie an diesem Sonntag.